Ein Besuch in der Heilig-Geist-Kirche zu Emmerich

 

Ein Mensch, der viele Kirchen kennt

und Gott gern seinen Vater nennt,

steht plötzlich hier und ist verwirrt.

Er meint, er habe sich verirrt.

Das soll des Vaters Wohnung sein?

Und dieses Kreuz? - das ist gemein;

das ist doch nur ein Haufen Schrott!

Wie soll der Mensch hier finden Gott!?

Der helle Raum, die blauen Wände,

wenn alles so vertraut er fände,

könnt' er bei hehrem Orgelklang

einstimmen in den Lobgesang,

der ihn - bewährt seit Kindertagen –

durch manche Krise hat getragen.

Auch die Madonna ist ihm sehr vertraut,

doch alles hat dies Kreuz versaut!

Und auch des Kreuzwegs Farbenspiel

erscheint dem Menschen zu subtil;

hier bleibt ihm vieles höchst obskur,

da wünscht der Mensch sich mehr Kontur.

 

Tatsächlich hat der Mensch erkannt,

hier wird der Glaube sehr brisant.

Er schaut auf's Kreuz mit bösem Blick;

doch seine Frage kommt zurück:

Du willst das Wertlose entfernen?

Doch halt, hier kannst auch du noch lernen!

Das Kreuz macht dir höchst drastisch klar,

dass Gottes Sohn ganz unten war.

Er war sich dazu nicht zu fein

er will auch dann noch bei uns sein,

wenn wir anscheinend nutzlos sind.

Der Schöpfer steht zu seinem Kind.

Der Leistungsdruck ist fortgenommen;

der Mensch zu Hause angekommen.

das die Gesellschaft hält für richtig,

erscheint auf einmal nicht mehr wichtig.

Das Kreuz ist hässlich, frech und penetrant

und fragt dich stumm: Was hat Bestand?

 

Der Mensch, durch dieses Kreuz erschreckt,

hat plötzlich neu für sich entdeckt:

Der Schrott, der hier zum Kreuz errichtet,

der hat die Frage nur verdichtet:

Wenn alles wertlos wird und abgeschrieben,

wer kann denn diesen Schrott und Dreck noch lieben?

Was der Mensch nicht wollte sehen,

beginnt er nun langsam zu verstehen:

Der „letzte Dreck“, der wird verwandelt,

weil Gottes Allmacht an ihm handelt.

Kein Mensch wird jemals abgeschrieben,

denn Gott will jeden von uns lieben.

Der Mensch, der an dem Kreuz sich stieß,

die Kirche nun versöhnt verließ.

Er wird in Zukunft daran denken,

dem Wertlosen Aufmerksamkeit zu schenken.

Wer seinen Wert von Gott erhält,

ist kostbarer als Gut und Geld.

Auch Macht und Ansehen sind nur Götzen;

sie können uns nicht Gott ersetzen.

 

 

(Frei nach Eugen Roth von Manfred Hermsen)